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Wie wurdest du eine „Woman in tech“?

Ich komme aus Sibiu/Hermannstadt in Transsilvanien, wo ich die deutsche Schule Samuel von Brukenthal besucht habe. Da ich in allen Fächern sehr gute Noten hatte, noch nicht wusste, was ich in Zukunft machen will und meine Eltern meinten, dass man mit Informatik gute Zukunfts-Chancen hat, bin ich die Informatik-Mathematik Intensiv Klasse gekommen.

Es war alles sehr neu und sehr komisch für mich und Mathematik war zu Beginn meine große Nemesis (wie soll „i = i +1“ sein?? Das ist doch Schwachsinn!!!), allerdings hatten wir einen sehr sympathischen Informatik Professor und ich konnte auch da langsam gute Noten erreichen.

Weil meine Informatik-Unterricht in den ersten Jahren eher theoretisch als praktisch angelehnt war (Informatik Tests auf einem Blatt Papier), hatte ich zwar viel theoretisches Wissen aber wenig Praxis-Erfahrung. Nach dem Abschluss habe ich mich entschieden, in einem Deutschsprachigen Land zu studieren, und zog nach Wien. Die Entscheidung, was ich studieren soll, war sehr schwer für mich – die Gewinner waren: Informatik „für die Logik“ und Japanologie „für das Herz“.

Die Informatik Richtung war zwar nie meine große Leidenschaft, jedoch fand ich einen gewissen Reiz darin, mich zu behaupten. Ich wollte allen beweisen, dass Frauen solche „Männer“-Jobs und Rollen auch meisterhaft erfüllen könnten (und später hoffte ich, auch andere Mädels dadurch zu inspirieren). In der ersten Woche jedoch, als es schon auf der TU im Audimax so richtig losging, und ich kaum mehr Zeit für irgendwas zwischen Abgaben und Vorlesungsübungen hatte, habe ich mich von der Uni Wien abgemeldet, um mich komplett auf das Informatikstudium zu fokussieren.

Das Bachelorstudium an der TU Wien war sehr hart. Dazu versuchte ich es noch in Mindeststudienzeit abzuschließen, um meine Eltern nicht allzu lange finanziell zu belasten. Allerdings gab es dadurch einfach keine Zeit für Wochenenden, Ferien oder für Freude im Leben. Ich war wie eine zielorientierte Maschine geworden. Dazu kam noch, dass ich nicht mehr die besten Noten hatte. Ganz im Gegenteil: bei meiner ersten Prüfung bin ich durchgefallen und das war natürlich noch so eine kalte Dusche für mich und mein Selbstvertrauen. Ganz stark hatte ich noch zu kämpfen mit der neuen Umgebung, zum ersten Mal allein zu wohnen, allein dein Geld zu managen, zu kochen, usw. Und das Ganze. während die Fächer alle immer härter zu werden schienen. Von 1000 Studierenden haben dann nur etwa 80 in der Mindeststudienzeit abgeschlossen – ich war eine davon!

Ich hab mir dann geschworen, dass ich den Master anders angehen würde: langsamer, um mehr vom Leben mitzubekommen und gönnte ich mir vor dem Master ein Auslandspraktikum in Tokyo – mein Herz schlug noch immer auf Japanisch! Nach meinem großen Japanabenteuer (komplett aus meiner Komfortzone raus, umgeben von einer fremden Kultur und zahlreichen Kulturschocks) kehrte ich zurück nach Wien und ergatterte mir meinen ersten Job, als Softwareentwicklerin bei IBM Client Innovation Center. Mein Master ging dann langsamer, aber gut voran, und ich sammelte praktische Erfahrungen im Arbeitsleben. Vor allem sammelte ich auch endlich praktische Erfahrungen mit SCRUM, dem Framework, von dem ich schon seit den Bachelor Zeiten schwärmte (wahrscheinlich eines der 5 Fächer, die ich wirklich genießbar fand, von den 60 Fächern meines Studiums).

Allerdings merkte ich bald, dass ich unglücklich meiner Rolle im Job war: Ich fühlte mich falsch eingesetzt als Entwickler, viele meiner sozialen Kompetenzen und Talente fühlten sich an wie auf Standby. Es brauchte auch viel Mut, ein Rollenwechsel zu beantragen. Fragen wie „War dann alles, was ich bin jetzt gemacht habe, umsonst und ich muss komplett neu anfangen?“ gingen mir durch den Kopf. Doch ich entschied mich daran zu glauben, dass es sehr viele mögliche Rollen auch in der IT gibt, und dass ich schon was für mich finden werden würde!

Langsam startete ich dann meine neue Karrierereise Richtung Business Analyse und Kundeninteraktion. Mit einigen Abstechern in fremde Bereiche (Recruiting und Projektmanagement) und nicht ganz ohne Hürden (Entmutigungen von innen und außen, keine freien Stellen in den Projekten). Das alles war aber notwendig, um meinen Weg zu finden – gerade in den letzten Stationen merkte ich, dass ich die IT vermisste, und dass ich mein akkumuliertes Wissen aus dem Studium gerne einsetzen wollte.

Schlussendlich bekam ich die Change ein Team auf die Beine zu stellen, und man ließ mir auch zum ersten Mal freie Hand, das so zu managen, wie ich es für richtig hielt (ich wählte natürlich SCRUM) und da schien mich zum ersten Mal die Leidenschaft im Job zu packen! Ich sammelte die Teammitglieder und erfüllte 3-4 Rollen gleichzeitig (alle Rollen in einem agile IT-Projekt, außer der Entwicklerrolle) und fand das unglaublich zufriedenstellend und reizvoll. Die Beziehung mit dem Team und dem Kunden war wunderbar und das Projekt war ein Erfolg.

Selbst nachdem ich die Firma verlassen hatte, verfolgte ich bei anderen Firmen meine neugefundenen Stärken in Rollen wie: Business Analyst / Requirements Engineer, Product Owner, Scrum Master, Team Lead und UX/UI Designer bis ich mich schlussendlich dafür entschied, meine Karriere in meine eigene Hand zu nehmen und mich Selbstständig zu machen.

So wurde ich, und kann nun auch sehr stolz behaupten eine Woman in Tech zu sein, die sehr happy mit ihrem Weg und Leben ist.

 

Mit welchen Hürden und Ängsten hattest du auf deinem Weg zu kämpfen…

Eine der größten Hürden war es, eine der wenigen Frauen im Informatikstudium zu sein. Ich bekam sehr oft komische Blicke von den männlichen Kollegen, die so etwas aussagten wie “Was will die denn bitte? Was hat sie für geheime Absichten?”. Von manchen Professoren wurde ich überhaupt nicht ernst genommen und hörte Aussagen wie: “Wer hat dir denn bei dieser Abgabe geholfen?” oder “Bist du sicher, dass du hier sein willst auf der TU? Magst du nicht lieber doch was anderes studieren?”. So etwa zu von einem Professor zu hören, ann schon sehr demotivierend sein -oder wenn die männlichen Kollegen einfach über dich drüber reden, nur weil sie das können mit ihrer tieferen und lauteren Stimme.

Meine größten Ängste waren Gedanken wie “Was mach ich hier überhaupt in diesem Job, will ich wirklich hier sein?”; dass ich nicht genug Geld haben werde, um für mich selber zu sorgen; nicht gut genug zu sein oder “aufzufliegen” (Impostor Syndrome). Und natürlich die Angst von den männlichen Kollegen und Kunden nicht anerkannt oder respektiert zu werden – oft musste ich mich viel professioneller Anziehen (mit Anzug und Hemd, das volle Packet, während meine männlichen Kollegen einfach in T-Shirt und Jeans erschienen sind), einfach um von ihnen und vom Kunden ernst genommen zu werden. Die Angst zu Scheitern habe ich inzwischen sehr gut im Griff (Wenn du keine Angst hast vor deinem weiteren Schritt, ist der Schritt überhaupt groß genug für dich?)

 

 …und welche Erfolge durftest du dabei feiern?

Zu meinen Erfolgen, auf die ich am stolzesten bin, zählt mein Bachelorstudium in Mindeststudienzeit an der TU Wien abgeschlossen zu haben und mein erfolgreiches Masterstudium mit einem 1er auf der Masterarbeit. Mit 29 bereits 6 Jahre Berufserfahrung vorweisen zu können, über 15 Projekte und Kunden betreut zu haben und mehr als 8 Rollen in der IT bereits erfolgreich ausgeübt zu haben. Ein erfolgreiches Einzelunternehmen gegründet zu haben, und im ersten Monat bereits einen Kunden gefunden zu haben. Meinen eigenen Weg gefunden zu haben, der mich glücklich macht, ohne auf externe Personen oder Faktoren zu viel Rücksicht zu nehmen!

Abseits meiner Karriere als Woman in Tech bin ich sehr stolz darauf mir mit der Gründung meiner eigenen Rockband ARDENITE (Instagram: @ardeniteofficial) meinen Kindheitstraum Sängerin zu werden erfüllt zu haben. Und dass ich mir endlich meinen langersehnten Hund angeschafft habe – einen Labrador namens Kylo!

 

Wie hat dein Umfeld reagiert?

Als ich mich dazu entschloss Informatik zu studieren, war mein Papa sehr stolz. Meine Mama war traurig, da sie sich eher einen “Frauen”-Job (was auch immer das heißt) für mich gewünscht hätte, in dem ich glücklich sein würde. Meine restliche Familie hat es nicht so interessiert, jedoch hatten sie große Erwartungen von mir, dass ich mich “ja gut tue” und “gute Noten nach Hause bringe”. Als ich mich dazu entschloss selbstständig zu werden, waren meine Eltern geschockt und rieten mir “eher den sicheren bekannten Weg zu gehen”. Zum Glück hatte ich meine Entscheidung jedoch bereits getroffen und ihre Sorgen konnten mich nicht mehr davon abbringen.

 

Was hat gut für dich funktioniert? Und was würdest du beim nächsten Mal anders machen?

Ich glaube, dass ich nichts anders machen könnte oder wollte. So schwierig wie mein Weg auch war, es war alles notwendig, um da zu sein, wo ich gerade bin. Nun bin ich glücklich und freue mich jeden Tag über neue Probleme und Challenges, die mich als Person wachsen lassen. Gleichzeitig habe ich auch gelernt besser auf meinen eigenen Körper und auf meiner Intuition zu hören, so dass ich mich nicht allzu stark überstrapaziere.

 

Was sind deine Tipps und Empfehlungen an junge Frauen, die den Weg noch vor sich haben?

Lass dich von nichts und niemandem entmutigen. Glaube an dich, denn du kannst alles schaffen! Und es gibt unzählige Rollen und Jobs in der IT, wo Frauen durchaus toll geeignet sind und auch einen mega Job machen können! Es ist auch nichts in Stein gemeißelt, du musst nicht unbedingt alles so machen, wie die anderen das machen. Make it your own, würde ich sagen! Probiere es aus, schau, wie sich das anfühlt und mach dann was besser für dich ist. Lass dich nicht einschränken. Menschen erzählen dir immer wieder gerne von ihren eigenen Grenzen. Heißt aber nicht, dass das deine Grenzen sind, oder dass du sie zu ernst nehmen musst.

 

Gibt es in deinem Unternehmen Programme/Initiativen speziell für Frauen?

Ich arbeite zurzeit in meinem Einzelunternehmen, da haben wir noch keine solche Programme. Allerdings weiß ich auch gar nicht, ob ich spezielle Programme nur für Frauen organisieren würde. Ich möchte einfach solche Aussagen wie “Männer-Jobs” und “Frauen-Jobs” aus dem Weg räumen. Jeder soll einfach frei sein, das zu machen wo er/sie sich am wohlsten fühlt und wo er/sie so richtig aufblühen kann!